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Seid nicht gleichgültig, denn Gleichgültigkeit tötet!

Diskriminierung und Gleichgültigkeit – das sind zwei Begriffe, die unsere heutige Gesellschaft prägen, die unser Denken und Handeln beeinflussen können, die tödlich sind.

Eine Zeit, aus der wir viel lernen können, in der nicht bloß Diskriminierung sondern Hass und Willkür dominierten, ist die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Die Verbrechen der Nationalsozialisten, die Massenmorde und das Leid unzähliger Menschen darf nicht in Vergessenheit geraten und – was noch wichtiger ist – sich niemals wiederholen.

Ein Ort, an dem die Geschichte nahezu greifbar wird, der auch noch nach dem Ableben seiner Insassen ihre Geschichten erzählt, ist das ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. In nicht einmal fünf Jahren wurden hier knapp 1,5 Millionen Menschen grausam und willkürlich ermordet. Heute ist der Ort still, dient als Gedenkstätte und erinnert an die unvorstellbaren Auswirkungen des nationalsozialistischen Rassenwahns.

Schülerinnen und Schüler aus den Stufen 10 und 11 erhalten am Georg-Büchner-Gymnasium in Köln die Möglichkeit, im Rahmen einer Studienfahrt dieses Konzentrationslager zu besichtigen und so der Geschichte näher zu kommen.

Auch dieses Jahr fand zum wiederholten Mal eine solche Fahrt statt, in deren Rahmen 23 Schülerinnen und Schüler mit zwei Lehrern und einer Lehrerin nach Krakau flogen. An zwei Tagen waren Besuche der Konzentrationslager Auschwitz I und II vorgesehen, auf die wir im Voraus während einer Vorbesprechung vorbereitet wurden. Die beiden Lager besichtigten wir gemeinsam mit einer Gruppenleiterin, die uns durch die Lager führte.

Morgens um 7.00 Uhr stand pünktlich ein Bus vor der Tür unseres Hotels, der uns nach Oswiecim fahren sollte. Auf der Hinfahrt wurde sich unterhalten, Musik gehört oder geschlafen, jeder von uns hatte unterschiedliche Erwartungen an den Ort. Doch je näher wir dem Ort kamen, desto stiller wurde es und spätestens, als unsere Führung im Stammlager Auschwitz I begann, sprach keiner mehr.

Um in das Lager zu gelangen, gingen wir durch das berüchtigte Tor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“. In nahezu allen Baracken gab es Andenken an die Häftlinge, es hingen Fotos an den Wänden, es gab Listen mit Namen, Räume, die mit Bergen von Haaren, Schuhen, Prothesen und anderem Hab und Gut, das den Häftlingen bei ihrer Ankunft genommen wurde, gefüllt waren. Die Dimensionen dieses Genozids wurden einem erst vor Ort wirklich bewusst, obwohl all die Gegenstände und Fotos längst nicht alle Häftlinge repräsentieren konnten. Auf dem Weg durch das Lager erzählte uns unsere Gruppenleiterin viel über das Schicksal einzelner Inhaftierter, wodurch man den Bezug von den jetzt leerstehenden Baracken zu damals herstellen konnte. Wir verfolgten den Weg eines kleinen Mädchens, das einem anderen sein Spielzeug weggenommen hatte, dafür tagelang in einer kleinen Stehzelle mit anderen Häftlingen verbringen musste und schlussendlich auf einem kleinen Hof vor den Augen der anderen erschossen wurde. Zuletzt betraten wir gemeinsam eine Gaskammer, von dort aus gingen wir dann in das Krematorium des Stammlagers. Beide Räume waren noch in ihrem originalen Zustand, an diesen Orten wurden mit genau denselben Instrumenten vor ungefähr 80 Jahren Menschen grausam ermordet. Diese Orte vor sich zu sehen, in ihnen zu stehen und sie auf sich wirken zu lassen war sehr bedrückend.

Am Tag darauf besuchten wir das Vernichtungslager Auschwitz II in Birkenau. Es ist viel größer und weitläufiger als das Stammlager und statt durch ein Tor liefen wir auf Schienen zu der Rampe, auf der auch die Inhaftierten damals ankamen und selektiert wurden. Dort nahm uns unsere Gruppenleiterin in Empfang. Auschwitz-Birkenau steht auf einem großen Feld und besteht aus lauter kleinen Baracken, die man gar nicht alle auf einmal überblicken konnte. Unsere Gruppenleiterin führte uns in eine Baracke, in der lauter Stockbetten dicht aneinandergereiht standen. Dass diese Baracke für ungefähr 1000 bis 1300 Menschen vorgesehen war, verschlug uns die Sprache. Es war klein und eng, dennoch waren hier so viele Menschen eingesperrt, wie es an unserem Gymnasium Schülerinnen und Schüler gibt. Auch das verdeutlichte das Ausmaß dieses Massenmordes, dieses riesige Lager, in dem die Menschen trotzdem so eng zusammengepfercht leben mussten.

An einigen Stellen in dem Lager standen Aufsteller mit Fotos, die Momente von damals aufgefangen hatten. Das war ein Moment, in dem einem bewusst wurde, wo man sich gerade befand. In dem einem bewusst wurde, dass auf jedem Quadratmeter, über den man gelaufen war und noch laufen würde, gemordet und gefoltert wurde. Dass genau an diesem Ort vor gar nicht so langer Zeit so viele Menschen so viel Leid erfahren mussten. Wir machten Halt an Teichen, die mit der Asche der verbrannten Menschen gefüllt waren, an grünbewachsenen Gräben, in denen viele verletzte und tote Menschen lagen, das Sonnenlicht schien durch großgewachsene, schöne Bäume, die als Stumme Zeugen schon vor 80 Jahren dort standen. Würde man die Geschichten hinter diesen Plätzen nicht wissen, würden sie einen beinahe idyllischen Eindruck auf einen machen. Doch all diese Plätze erzählen eine grausame Geschichte.

Unsere Führung in Auschwitz-Birkenau endete mit der Besichtigung der Kinderbaracken, neben dem ehemaligen Untersuchungsraum des Lagerarztes Joseph Mengele. In der Kinderbaracke standen ebenfalls Holzpritschen eng beieinander, an den Wänden haben sich die Kinder mit Worten und kleinen Zeichnungen verewigt.

„Seid nicht gleichgültig, denn Gleichgültigkeit tötet.“, damit beendete unsere Leiterin die Führung.

Denn Auschwitz ist ein Ort, der einen bedrückt. Es ist aber auch ein Ort, aus dem man viel lernen und mitnehmen kann und mit dem man sich auseinandersetzen sollte. Die Gedenkstätte erinnert daran, wie wichtig politische Partizipation ist, wie gefährlich es ist, bei Diskriminierung wegzuschauen, wie gefährlich es ist, gleichgültig zu handeln. Gleichgültigkeit dominiert noch heute unsere Gesellschaft. Gleichgültigkeit kann andere das Leben kosten, das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz ist dafür ein Beispiel. Leider verstummen immer mehr Stimmen der Zeitzeugen, deshalb liegt es jetzt in unserer Verantwortung, die Geschichten zu erzählen und niemals zu vergessen.

„Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“
George Santayana

Miriam Slowy & Elea Kaufmann

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